Dienstag, 14. März 2017

Holyday for Holi-Day

(Lion ist heute kursiv unterwegs…)

Auf Einladung der Leute, die wir beim Trekking kennengelernt hatten (nochmal zur Wiederholung: Sujan, Sumit, Prabha und Srijana) verbrachten wir das Wochenende in Kathmandu, um dort Holi zu feiern. Gemütlich fuhren Lion und ich am Samstag los, nicht ohne allerdings noch einen kleinen Stopp in Banepa (gesprochen: BOnepa) einzulegen, um die uns dort empfohlene Bäckerei (Mr. Bake) zu testen. Vermutlich dem baldigen Feiertag geschuldet war die Kuchenauswahl recht klein (ursprünglich wollten wir uns ein Stück vielgepriesenen Oreo Cake genehmigen), dafür hatten wir eine unglaublich gute heiße Schokolade und extra für uns aufgewärmte Muffins.

Angekommen in Bateshwor, einem Stadtteil Kathmandus, wurden wir erst einmal von strömendem Regen begrüßt, der just in dem Moment aufhörte, in dem ich erfolgreich einen Regenschirm gekauft hatte (Wenigstens hatten wir den Preis für selbigen etwas herunterhandeln können, obwohl uns unsere Ausgeliefertheit gegenüber dem sintflutartigen Regenguss deutlich anzusehen war). Zum Glück hatten wir aber unsere Eitelkeit zurückgestellt (Ausgezeichnete Idee!) und uns für das Wochenende zum Tragen unserer Wanderschuhe entschlossen: Die beste Idee seit langem bei den doch nicht so perfekten (sie will sagen: die dreckigen, durch den Regen schlammigen und absolut ungeteerten) Straßen! Da wären nasskalte Füße und die ein oder andere nachfolgende Erkältung vorprogrammiert gewesen. Generell sind wir auch in der retrospektive sehr stolz, uns zum ersten Mal seit wir hier sind adäquat angezogen zu haben! Nach ein bisschen Hin- und Hertelefonieren fanden wir dann Prabha (oder besser gesagt: SIE fand UNS), die uns mit zu sich nach Hause nahm, wo wir ihre sehr nette Mutter und ihren kleinen Bruder kennenlernen durften.


Eine andere Seite Kathmandus auf dem Weg zu Prabhas Wohnung


Ein ländlich anmutender Waschplatz inmitten der Hauptstadt



Srijana war auch schon da, die beiden waren aber am Abend zu einer Geburtstagsfeier eingeladen, weshalb uns Sujan abholte und wir zu dritt ein bisschen das an der anderen Flussseite gelegene Patan erkundeten (hat sie sicher schon im Blog von berichtet. Eine der Königsstätte. Der Durbar (=Palast) Square mit dem Museum…?), bevor wir uns mit einem Freund von ihm zum Tee trafen.


Da hat sich der Schirm doch noch mal gelohnt

Bester Dal Bhat bisher in einem unscheinbaren Restaurant in K.

Wir hatten natürlich noch kein Hotel gebucht und Sujan kannte nur die Hostels, in denen sie regelmäßig Zimmer für Partys mieten, was dazu führte, dass wir letztendlich in einer ziemlichen Absteige landeten. Für eine Nacht war uns das aber relativ egal.
Für den geneigten Leser hier eine kleine Anekdote aus ebenjener Nacht. Irgendwann frühmorgens (so gegen vier, vom unserer Tür gegenüberliegenden Gemeinschaftsklo und der Kehle des etwas schmierig-unangenehmen Haushälters kommend) hörten wir auf einmal ein geräuschvolles Schleimhochziehen (das machen hier alle und dann spucken sie tatsächlich eine kleine Handvoll weißlich-trüber Substanz aus. Wenn man also in den Straßen unterwegs ist und unweigerlich das ein oder andere „Rchhhhhhhhh…“-Crescendo hört: ganz schnell auf Abstand zur Geräuschquelle gehen – oder besser springen!), das leider gepaart mit etwas eigenartigem Gemurmel fast zwei Stunden anhielt. Danach haben wir aber nochmal super geschlafen!
Am nächsten Morgen waren Lion und ich zu Prabhas Familie zum Frühstück eingeladen und Sujan wollte kurz zu seiner Schwester, um sich umzuziehen.
Nachdem ich ein typisches mongolisches Kleid sowie einen Sari anprobiert und Lion sich mit Prabhas Bruder an einer Wasserschlacht in der Nachbarschaft beteiligt hatte
(meine Finger sind definitiv zu groß und ungelenk für das Knoten vernünftiger Wasserbomben), bekamen wir ein leckeres, typisch nepalesisches Frühstück mit Reis, einer Maismehlmasse, eingelegtem Mangold (Saarg oder so ähnlich. Super lecker! Oder auf nepali: Ramro!) und einem scharfen Dip. Zum ersten Mal kamen wir in die Verlegenheit, mit den Händen essen zu müssen, was wir aber (meiner Meinung nach) ganz gut meisterten. Danach wurde Lion noch etwas geschminkt und wir alle bekamen einen feierlichen roten Strich auf die Stirn gemalt.

Im traditionellen mongolischen Gewand stehen wir mit Prabha und ihrer Mutter vor deren Wohnung



Authentisches Frühstück

Gegen Mittag zogen wir los „to play Holi“. Dazu trafen wir uns mit Kollegen von Prabha und landeten letztendlich in einer kleineren Partylocation. Es war sehr lustig, all die bunten Menschen zu sehen, obwohl wir uns das Ganze noch ein bisschen „gefährlicher“ vorgestellt hatten. Ehrlich gesagt sind wir eine gute Stunde durch die verwinkelten Straßen Kathmandus gezogen (das abseits der „Touristenviertel“ Thamel bzw. Altstadt doch nochmal ein ganz anderes Bild abgibt) und wurden GEFRAGT, ob man uns bemalen darf. Wir haben natürlich immer zugestimmt, was die Freude der uns Bemalenden bzw. mit eingefärbten Händen einmal uns übers Gesicht wischenden keineswegs getrübt hat. Die Party war fast schon wie in Deutschland. Ein kleiner, von Bambusbäumen halb überschatteter Hof, an dessen Ende verschiedene DJs alle 30 Sekunden neue Songs anspielen, davor eine tanzende, gut gelaunte Masse und wir irgendwo mittendrin – mal mehr, mal weniger in ähnlich entfesselter Feierlaune. Im Endeffekt waren wir nichtmal so 100% von oben bis unten eingefärbt, wie man sich das so immer vorstellt. Aber andere aus dem Guest House, die in Kathmandu eher zentraler unterwegs waren hatten sehr wohl Erlebnisse, die eher Richtung „kein farbfreier Fleck mehr“ gingen. Insgesamt also ein durchaus schöner Tag, an dem wir beide ganz froh waren, nicht komplett durchnässt und eingeseift worden zu sein!


Auf geht's zusammen mit Prabha und Srijana


Prabha hats erwischt

... Lion und Sujan auch ein bisschen


Unser Heimweg barg einige Herausforderungen: Nachdem wir in Kateshwor in den vermeintlich richtigen Bus eingestiegen waren, hielt dieser plötzlich zwei Stationen später mit der Info, wir würden erst in eineinhalb Stunden weiterfahren und das doppelte des regulären Fahrpreises bezahlen müssen. Lion und ich waren daraufhin mutig genug, wieder auszusteigen und uns auf die Suche nach einer Alternative zu machen, die circa eine halbe Stunde später in Form eines hoffnungslos überladenen Busses auftauchte. (Wir mussten die Frage „Dhulikhel?“ aber auch immer ziemlich oft wiederholen. Die Einheimischen sprechen das auf eine andere Weise als wir aus und es ist schon bitter, nichtmal beim Nennen seines Heimatortes wirklich verstanden zu werden – wir habens mit Humor genommen!). Wir quetschten uns irgendwie rein, bzw. dran, Lion hing nämlich die ersten paar Stationen wirklich aus dem Bus heraus und freuten uns insgeheim über jeden, der ausstieg. (Auf jeden Fall ein tolles Erlebnis. Haben auch versucht (von allen um uns herum belächelt) Selfies zur Illustration zu machen. Hat leider nicht so geklappt, auch weil es schwer war, überhaupt seine Hand Richtung Handy in der Hosentasche zu bewegen und dieses dann auch wieder über Gesichtshöhe zu drücken.)

Entgegen aller Erwartungen kamen wir aber gesund und munter in Dhulikhel an, wo wir nach einer warmen (!!!!) Dusche noch einmal das Hostel verlassen mussten, weil der Koch sich das Wochenende freigenommen hatte. Wir fanden aber ein sehr leckeres, günstiges Restaurant, wo wir sogar zwei Bekannte aus unserer Unterkunft trafen (Florian, der Neuseeländer und Helena. Die beiden haben dort ein zweites Abendessen zu sich genommen, nachdem sie das erste für unzureichend befunden hatten), mit denen wir einen lustigen Abend verbrachten.




Hier untertreibt Sophie etwas. Lecker und günstig? Ja, so sehr sogar, dass wir fast schon euphorisch wieder nach Hause spaziert sind. Definitiv ein Kandidat für eine Stammkneipe! Dazu kommt, dass man das Zeug auch bestellen kann. Das haben wir heute dann gleich mal in Anspruch genommen. Das war sogar erfolgreich und den Großteil dessen was ankam hatten wir sogar tatsächlich so bestellt! Leider war die Küche abgesperrt und wir mussten alles „Nepali Style“ mit Händen aus aus Alufolie improvisierten Tellern essen. Dafür aber mit Sonnenschein und toller Aussicht von unserer Dachterrasse!). Ein Haken: viele der Gerichte sind mit Koriander (für Sophie so schlimm wie für mich Pilze oder Orthopädie). Bis zum nächsten Mal muss sie den also auf Nepali abbestellen können… (Nachtrag: schon in Erfahrung gebracht: Dhania na halnu)


Nepali-Style Lunch auf der Dachterrasse

Bildernachtrag zu "Leben am Limit"

Wir sind hier bezüglich Internet leider nicht gut aufgestellt. Deshalb kommen erst jetzt (hoffentlich) die Bilder zum letzten Post.
P.S. Ich korrigiere: nach 2,5 Std laden sind hier ein paar Bilder für euch ;*

Großartiges Bergpanorama. Es geht sogar noch klarer, aber natürlich immer dann, wenn man keine Kamera dabei hat..


Ein paar Altstadtecken in Dhulikhel

Dhulikhel Downtown

Ein Teil des Krankenhausgeländes

Jeder muss da mal durch: Wäsche waschen per Hand


Der Futsal-Platz in Baneshwor, Kathmandu

Unser Versuch, den Arbeitsweg entlang der Hauptstraße zu umgehen. Die vermeintliche "Abkürzung" dauert länger und birgt einige Gefahren, wie das Fallen in Gräben.

Kaiserschmarrnkochen für die nepalesischen Interns bei Manish zuhause.
Von links nach rechts (Manish, Pawan, ein Nachbar, Ajay, ich)

Das beste an unserem Hostel (abgesehen von der Schullandheim-ähnlichen Gemeinschaft) ist die Dachterasse und der dazugehörige Ausblick. Bei guter Sicht mit Everest-Region-Panorama...

Unser Zimmer. Mittlerweile ist es sogar geputzt und aufgeräumt..

Noch eine Stadtimpression


Dienstag, 7. März 2017

Leben am Limit

Der erste Tag ist ja bekanntermaßen immer etwas schwierig. Nicht anders erging es uns, als wir am Donnerstag das Tor zum Krankenhaus durchschritten. Nach anfänglichem Hin- und Hergelaufe wegen organisatorischen Problemen gelangten wir beide in unsere Abteilungen (hier eine kurze Wiederholung für die nicht ganz so treuen Leser: Lion ist in der Pädiatrie und ich in der Inneren Medizin untergebracht), wo wir erst einmal die „Strukturen“ kennenlernen (und uns im Laufe der nächsten Tage damit anfreunden) mussten.

Bei mir läuft es folgendermaßen ab:

8:00: Morning conference: hier mussten wir aber nur einen Morgen verbringen, um uns (wie ungefähr 15 andere Internationals am selben Tag) vorzustellen
8:30: Morning presentiation: Ein Assistenzarzt oder Intern muss einen Vortrag über ein medizinisches Thema halten, danach wird er förmlich von den Oberärzten zerlegt, die lauter Fragen stellen, auf die sie die Antwort schon kennen und die der Vortragende meistens nicht beantworten kann. Ein Highlight ist auch unser Chef, ein Inder mit Turban, der eine Koryphäe aus einem Army Krankenhaus in Indien ist, dort Anfang der 80er berentet wurde und nun Chefarzt der Inneren Medizin im Dhulikhel Hospital ist. Ihn kann ich leider immer gar nicht verstehen (meine Vermutung ist, dass das Band des Turbans eine deutliche Aussprache verhindert, aber das ist wie gesagt eine persönliche Meinung).
gegen 10:00: Wards (=Station): Jetzt folgt eine Visite auf Station, in der die Ärzte und Interns in drei Gruppen unterwegs sind. Momentan laufe ich mit Unit 3 mit, wir haben die Gastroenterologischen Fälle.
gegen 11:00: Meistens folgt nun ein Frühstück in der Kantine
gegen 11:30: OPD (=Ambulanz): Hier werden Patienten aufgenommen, untersucht, zu weiteren Untersuchungen geschickt. Ein paar Punkte dazu, damit man sich das Ganze auch vorstellen kann:
Im GI-OPD sitzen drei Ärzte in einem Zimmer, jeder davon empfängt Patienten, dh. es sind teilweise wirklich viele Leute in einem Raum, Privatsphäre gibt es eigentlich nicht, auch nicht bei der körperlichen Untersuchung (im Raum steht eine Liege).
Jeder Patient trägt eine Tüte mit sich, in der sich alle medizinischen Befunde, etc. befinden. Auch die Anamnese, Diagnose, Verschreibungen, sowie das weitere Vorgehen werden in ein DINA5-Heftchen eingetragen. Die meisten haben noch eine zweite, kleinere Tüte dabei, aus der sie dann hundert verschiedene Blisterpacks mit Medikamenten auspacken, die sie schon genommen haben.
Kleiner Fun Fact zu den Diagnosen: Fast jeder hier hat übrigens COPD (Chronic obstructive pulmonary disease. Unheilbare Lungenerkrankung, die früher oder später zum Tod führt. Ausgelöst durch Rauchen, Feinstaub, Smog etc.).
Punkt 13:00: Es folgt eine Stunde Mittagspause. „Mein“ Nepali Intern ruft meistens bei Lions Intern an und wir gehen alle zusammen in die Kantine, wo es ein sehr gutes Dal Bath gibt (außer freitags, da ist Momo-Tag). Da wir wirklich immer exakt eine Stunde frei machen, ist immer noch Zeit für einen Lemon Tea in einem Café gegenüber des Krankenhauses.
14-16:00: Nachmittags kommen eigentlich nicht mehr viele Patienten. Man sitzt ein bisschen herum, quatscht, etc.


Natürlich wird es euch auch genauso interessieren, wie es Lion ergangen ist, deshalb folgt an dieser Stelle ein kleiner Gastbeitrag

7.01: Aufstehen (eine sechs im Wecker wäre einfach zu frustrierend und jede Minute zählt!) – zumindest wenn wir noch duschen wollen (kalt, in der solarbetriebenen Gemeinschaftsdusche für unser Stockwerk). Sonst geht’s ne halbe Stunde später (zumindest planmäßig) aus den Federn! Danach Frühstück ganz oben in unserem Guest House (Auf die Herberge, in der wir zuerst waren beziehe ich mich nicht mehr). Meistens trifft man ein oder zwei andere internationals, schlürft Masala Tee (mit etwas zu viel Zucker und Milch für meinen Geschmack. Ich mags am liebsten pur) und isst Joghurt (Ebenfalls gesüßt. Normalen gibt’s nur für Diabetiker) und ein zwei Toasts (schmecken überraschenderweise nicht nach Zwieback, wie bisher) mit wahlweise Marmelade oder Honig. Dazu gibt’s noch Bananen (die um einiges besser, als die Importware in Europa schmecken und nur halb so groß sind!). Kling alles etwas negativ, ist aber ganz okay – hält nur nicht immer bis zum Mittagessen.

8.00: Jetzt muss Sophie gehen und ich an guten Tagen auch.

8.10: Jetzt geht sie und ich an guten Tagen auch.

8.30: Meistens gehe ich innerhalb der nächsten Minuten mit ein paar anderen (am ersten Tag z.B.: Florian, halb deutsch, halb Kiwi mit lustigem Neuseeland Akzent, mit mir in der Pädiatrie und Julia, arbeitet in der Derma, die beiden sind unsere Zimmernachbarn) zum Krankenhaus. Wenn möglich, nicht den „Standard“ Weg über vielbefahrenen, lauten und versmogten Highway (die einzige Straße nach China – Dhulikhel ist nur ca. 40km von der tibetischen Grenze entfernt – bzw. generell durch Nepal), sondern querfeldein über (manchmal etwas schlammige) Felder. Die sind sehr idyllisch und man braucht incl. Verlaufen ungefähr genauso lange.

9.00: Unser Morning meeting beginnt. Die neuen Patienten auf der Neonatologie/Intensivstation (meistens Gelbsucht, Blutvergiftung, Atemwegsinfektion) und der Normalstation (viele Atemwegsinfektionen, etwas Diabetes und ein paar Exoten) werden nuschelnd und in Nepalenglisch vorgestellt. Man versteht nichts, geht aber auch den nepalesischen Interns so. Einmal die Woche kommt der Chef (Unsympath), einmal die Woche gibt’s ne Präsentation von nem Intern (Der auch bei uns vom jeweiligen betreuenden Arzt ungespitzt in die Wand gehauen und danach noch während der Präsentation – Unterbrechungen mitten in jedem zweiten Satz sind garantiert – perfide filetiert wird. Es ist übrigens unglaublich wie vielen Ärzten von den Studenten in Präsentationsfragen psychische Störungen attestiert werden bzw. wie kreativ man den allwöchentlichen Spießrutenlauf umschreibt („toasted“, „roasted“, „killed“, „punctured by all his bullets“…), sonst folgen Visite und die Stations- bzw. OPD (Outpatient Department / Ambulanz) Aufgaben. Auch hier war erstmal viel Sitzfleisch und Geduld gefragt, aber im Laufe der Tage wurden die Ärzte zunehmend netter (Smalltalk und ein bisschen Erklären inklusive) und die Interns kümmern sich sowieso rührend um einen. Wir dürfen/können v.A. wegen der Sprachbarriere (ist in Arbeit) nichts machen, sehen allerdings viele verschiedene Patienten (bunt gemischt, aber natürlich auch die „Klassiker“ Bauchschmerz, Übelkeit, Husten) und bekommen von den Interns die Hintergründe serviert.
13.00: Ein zweites Frühstück ist bei uns leider nicht drin – das Mittagessen schmeckt dafür umso besser! Ein Königreich für jeden Vegetarier! Und wenn die Interns (bei mir Manish (Der hat mich am ersten Tag auf seinem Motorrad in ganz Dhulikhel rumgefahren und mir tolle Sachen gezeigt, uns Tags darauf sogar zum essen zu sich eingeladen. Sehr herzlich, rücksichtsvoll und zuvorkommend) und Sambawhana (mit M befreundet, laut allen außer ihr selbst „Top of the Class“, sehr vielseitig interessiert mit perfektem Englisch und ebenfalls sehr zugewandt.) das Mensaessen (z.B.: Sonntags) als schlecht empfinden geht es stattdessen in eines der vielen kleinen Restaurants nebenan. Mit Sophie und den anderen trifft man sich dann spätestens zum Zitronentee (falls das mit dem Essen an einem Tisch nicht klappt).
14.00: Auch bei uns nicht mehr viel los. Man redet miteinander und freut sich über die immer seltener eintröpfelnden wenigen Patienten. Die Interns haben in zwei Wochen „Licensing Exam“ (Arzt-Prüfung) und lernen mit uns ein bisschen. Pünktlich um 16 Uhr (und keine Minute früher oder später!) ziehen wir dann wieder ins Cafe auf nen Abschlusstee, bevor jeder seiner Wege geht. Nachmittags machen wir aber meistens noch was mit den anderen. Jetzt wieder Sophie…


Das Highlight am ganzen Praktikum bisher sind wirklich die nepalesischen PJler (=Interns), die nach der Arbeit oft etwas mit uns unternehmen und die wir wirklich schon ins Herz geschlossen haben. Sie kümmern sich auch rührend um uns: laden uns zu Lemon Teas ein, kaufen mit uns ein, wenn wir etwas brauchen, der eine hat mir seine zweite SIM-Card gegeben, weil diese überall ausverkauft waren, etc.

So, was aber machen wir nun, wenn wir nicht im Krankenhaus sind? Hier einige Einblicke:

Unser neues Guest House:
Am Samstag konnten wir nach längerem hin und her in das offizielle Guest House des Dhulikhel Hospitals ziehen. Hier leben vor allem Deutsche, aber auch ein Neuseeländer, ein paar Holländerinnen, eine US-Amerikanerin, etc.
Alle sind super nett und es ist wirklich schön, Leute zu haben, mit denen man sich über die Krankenhausstrukturen, über die Must-have-been-Plätze in Dhulikhel und über das Leben in Nepal im Allgemeinen austauschen kann. Lion und ich teilen uns ein Zimmer, was auch sehr schön ist, da wir so einiges an Gesprächsthemen nachholen oder einfach mal ein bisschen Ruhe haben können.
Wo ist der Haken, wird sich jetzt ein kritischer Leser fragen und natürlich ist diese Frage nicht ganz unberechtigt. Die größten Schwierigkeiten in Kurzform: Gemeinschaftsbad/-toilette, sehr schlechtes bis gar kein Internet, gestern ein Abend ohne jegliche Stromversorgung und ein leider nicht so sehr schöner Arbeitsweg entlang der Hauptstraße, wobei Lion anscheinend eine Alternative über die Terrassenfelder entdeckt hat.
 
Trotzdem können wir denke ich hier unseren Monat schon ganz gut verbringen.

Freunde und Ausflüge:
Unsere Hauptbezugspersonen lassen sich eigentlich gut in drei Gruppen gliedern:

1. Die nepalesischen Interns: Lion und ich haben beide Glück gehabt mit den PJlern, an die wir uns gehängt haben, denn sie sind beide ausnehmend gut innerhalb der Gruppe integriert und kümmern sich rührend um uns. Bei Manish (Pädiatrie) waren wir neulich abends sogar zum Essen eingeladen (Paneer – lecker!) und Ajay (Innere) hat uns gestern ein bisschen die Gegend gezeigt: Wir sind auf einen Hügel hinter unserem Hostel gewandert, von wo aus man eine wunderschöne Sicht auf Dhulikhel und die Umgebung hatte.

2. Die Leute vom Trekking: Am Samstag wurden wir von Sumit und Sujan mit ihren Motorrädern abgeholt und auf ging es nach Kathmandu, wo die beiden sich jeden Tag mit ein paar Freunden zum Fußball, bzw Futsal, da auf einem kleinen Feld, treffen. Dazu mieten sie eine überdachte Kunstrasenfläche, auf der es sich aber gut spielen lässt. Ich musste auch mitspielen, es war jedoch wirklich lustig. Im Anschluss wurden wir noch zum Essen eingeladen und quatschten eine Weile, bevor die beiden uns wieder zurück nach Hause fuhren.

3. Die anderen Austauschstudenten: Hier kommt man an Infos, kann aus anderer Perspektive über die Erlebnisse reden und nach der Arbeit auch mal zur Bäckerei laufen und sich einen Muffin gönnen.


Auch, wenn es manchmal doch sehr anders ist als „bei uns zuhause“ und man auf einiges verzichten muss, geht es uns hier sehr gut. Jeder Tag bringt etwas Neues, sei es im Bezug auf Socializing, einen interessanten Fall oder neue Orte, die es zu entdecken gilt. Die nächsten Projekte, um die wir uns bemühen wollen, sind auf jeden Fall die Teilnahme an einem Outreach mit dem Hospital, das heißt, man kann wohl manchmal Ärzte auf Außenposten des Krankenhauses in ländlichen Regionen begleiten, sowie das Holifestival am nächsten Wochenende, das wir aller Voraussicht nach mit den Leuten aus Kathmandu dort verbringen werden.

Aus meinem Leben – oder: noch ein Gastbeitrag von Lion.

Um das oben beschrieben etwas plastischer zu machen kommen im Folgenden noch ein paar Ergänzungen. Aus Zeitgründen (oben geht gerade eine Party ab – die Freundin unseres Haushälters/Vermieters hat Geburtstag und das Licht flackert schon wieder bedrohlich) ist das alles in Stichpunkten:

6 Tages Woche: Sonntag müssen wir (noch) arbeiten (das wollen wir natürlich ändern!). Das ist wirklich hart, der Sonntag ist sozusagen ein zweiter Montag. Und was ist schlimmer an einem Montag außer der Aussicht auf einen zweiten Montag nach dem Montag?! Außerdem kommen so unsere vielen (noch nicht geplanten) Ausflüge etwas zu kurz. Nach dem Krankenhaus kriegt man dann doch weniger gebacken, als man sich vornimmt…

Essen: Dass das sehr gut ist haben wir glaube ich schon ausführlichst berichtet. Der Kulturschock beim Essen mit Manish und den Anderen: sobald man unter sich ist, wird mit den Händen gegessen (und es gab Reis mit Sauce und Curry!). Natürlich nur mit der rechten, weil die linke ist ja unrein. Das ist gewöhnungsbedürftig, tut dem Geschmack aber keinen Abbruch. Außerdem werden uns aufmerksamerweise eh immer Löffel angeboten.

Dhulikhel: Ist alleine deswegen gut, weil es eine Bäckerei mit leckeren Keksen dort gibt. Was will man mehr?

Himalaya: den sieht man laut Reiseführer von Dhulikhel so gut wie an kaum einem anderen Ort. Uns ist das erst einmal entgangen, weil wir immer eine zu tief am Horizont gelegene Stelle danach abgesucht hatten. Man muss wirklich weit nach oben schauen – und siehe da: die Berge! Meistens ist es aber auch einfach sehr nebelig und man sieht wirklich nix. Soll im Herbst besser sein.

Gastroenteritis: Fast jeder hier im Guest House hatte schon Durchfall – Sophie und ich sind davon noch verschont geblieben! Hoffentlich bleibt das auch so.

Elektrizität: ist tatsächlich öfters mal weg oder schwankend. Kann aber auch sehr schön sein – und abgesehen von uns wussten irgendwie alle davon und haben Stirnlampen etc. dabei. Eine Kerze ist dann aber auch schon schön und die Aussicht auf die nächtiche Stadt sowieso atemberaubend. Fast genauso sehr wie die Fahrt auf den Motorrädern von Sumit und Sujan entlang der pitturesken Straße, die uns von Dhulikhel ins Kathmandu Tal geführt hat.

Musik: In nepalesichen und indischen Filmen enorm wichtig. Eine klassische Szene geht so: Ein Raum wird gezeigt, zwei Personen stehen sich wie erstarrt gegenüber. Epische Musik (z.B.: Two Steps from Hell, Fluch der Karibik, sowas halt) setzt ein. Langsamer Zoom auf sein Gesicht, bis dessen wilder Ausdruck die ganze Kamera einnimmt. Ein paar Worte werden gesprochen. Zoom out. Zoom auf ihr Gesicht, die regungslos den Zuschauer fixiert. Sie sagt ein paar Worte, neue Szene, einsetzen von epischer Musik etc. Bei Festen spielt ebenfalls Musik, hier aber wenig substanziell, maximal ziemlich langsames Getrommele (mit einem wenig voluminösen Schallkörper), während sich die Leute ziemlich minimalistisch dazu bewegen, was einen Effekt irgendwo zwischen Einschüchterung und Irritation erzeugt. Jeder, der unsere reizüberflutenden Tänze oder Blockbuster gewohnt ist, würde das alles als maximal langweilig empfinden. Bei den Nepalis kommt das aber wirklich ziemlich gut an!

Temperatur: Tagsüber ist es immer ziemlich warm. So um die 25 Grad, sonnig, windstill und klar. Aber sobald die Sonne untergeht (und auch morgens auf dem Weg zum Krankenhaus) wird es ganz schnell wirklich kühl! Wir brauchen da eigentlich immer mindestens Pulli, besser aber eine Jacke. Unser Zimmer ist zum Glück trotzdem meistens warm, worüber ich sehr dankbar bin!

Donnerstag, 2. März 2017

Wandern, wandern und die ersten Freunde(?)







Leider sind wir mit zu wenig Zeit nach Nepal gekommen, denn um eine „richtige“ Trekkingtour zu unternehmen
benötigt man mindestens 7-10 Tage (oder mehr).
Aber wir wollten trotzdem einmal ein bisschen Bergluft schnuppern und haben eine kurze Tour in weniger großer Höhe unternommen.


Da wir nur vier Tage laufen wollten, beschlossen wir, nur einen Guide und keine Träger mitzunehmen. Das ging grundsätzlich ganz gut, allerdings waren die ersten Stunden schon sehr anstrengend. Im Gegensatz zum Rest der Route ging es kontinuierlich ungleichmäßig hohe Steinstufen nach oben und mein Rucksack war sehr schwer.
Nach dem Mittagessen schlug unser Guide, der wohl Mitleid mit mir bekam, vor, den Rucksack mit mir zu tauschen, er trug jetzt also meinen schweren und ich seinen sehr leichten. Außerdem ging es von da an nur noch metaphorisch und nicht mehr tatsächlich steil bergauf und ich konnte allen anderen vorauslaufen ;).

(Lion meinte, der passende Jodel dazu wäre mit dem Hashtag „Wandern kann ich“ versehen.)


Auch wenn die Sicht uns wieder mal im Stich ließ, war der Weg doch wunderschön. Er führte uns durch sich ständig verändernde Landschaften: Terrassenfelder, Wälder voller Orchideen, rotblühenden Rhododendrenbäumen, duftendem Seidelbast, staubige, karge Gebiete und vieles mehr.



Vom Erdbeben zerstörtes Hotel in Chisopani, unserem ersten Übernachtungsort


















Abends stopften wir uns immer mit Dal Bhat voll, das ist das Nationalgericht, bestehend aus Reis (Bhat), einer Art Linsensuppe (Dal), Curry (meistens Blumenkohl und Kartoffeln mit scharfem Currygewürz), Pickle und einem Gemüse (meist Mangold). Außerdem hatten wir ein paar Kartenspiele dabei.

Am ersten Abend zog Constantin uns im Wizard ab, am zweiten Abend konnten wir uns vor Lachen kaum halten, als unser Guide mit uns MauMau spielte und am dritten Abend lernten wir vier Nepali kennen, mit denen wir auch erst Karten spielten und im Anschluss zu nepalischer Musik tanzten, beziehungsweise es versuchten. Später am Abend saßen wir in deren Zimmer zusammen, sie hatten einiges an Bier gekauft, und unterhielten uns sehr gut über die Unterschiede in den Kulturen, unsere Familien, Fußball und über was man eben noch so sprechen kann. Wir sind auch schon wieder für nächste Woche verabredet: da findet wohl ein Holifestival statt, zu dem sie uns mitnehmen wollen und vorher sind wir bei einer der Mädels zum Essen eingeladen.

Ein weiteres Highlight stellte unsere erste Erfahrung mit Dungba (keine Ahnung, ob man das so schreibt) dar. Der allererste Kontakt bestand schon bei der ersten Rast: dort trafen wir eine Gruppe Hochschullehrer, die einen gemeinsamen Ausflug unternahmen und darauf bestanden, uns auf eine Runde einzuladen. Das zweite Mal tranken wir das säuerliche, nach Hefe schmeckende Getränk in Nagarkot mit unserem Guide. Er meinte, das sei so gut, man müsse das unbedingt mal probiert haben und schon fanden wir uns in einem ein bisschen zwielichtigen Häuschen wieder. In einen Aluminiumbecher mit metallenen Strohhalmen wurde eingelegte Hirse gefüllt und diese immer wieder mit heißem Wasser übergossen.


Wieder zurück in Kathmandu kauften wir zur Feier des Tages ein und kochten selbst anlässlich Constantins Geburtstags (an dieser Stelle nochmal alles Gute ;*).



Heute ging es mit dem Bus nach Dhulikhel, wo Lion und ich die nächsten vier Wochen verbringen werden. Natürlich schauten wir auch schon mal beim Krankenhaus vorbei, das wirklich sehr modern und ordentlich wirkte und in welchem wir morgen Früh anfangen werden zu arbeiten. Lion auf der Pädiatrie, ich selbst auf der Inneren. Wir sind sehr gespannt, wie das so wird!!